Der BGH hat entschieden, dass die Frage, ob eine Nachrüstungspflicht für bestehende technische Anlagen im Falle einer Verschärfung von Sicherheitsbestimmungen besteht, nicht generell beantwortet kann. Die Antwort richte sich danach, ob sich „vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, dass durch die bestehende technische Anlage – ohne Nachrüstung – Rechtsgüter anderer verletzt werden können.“
In dem hier zu beurteilenden Fall hatte sich die Klägerin verletzt, als ihre Hand in der halbautomatischen Glastür im Zugangsbereich zu einem Geldautomaten einer Bank eingeklemmt wurde. Die Glastür entsprach der Herstellungsnorm aus dem Jahr 1996 und besaß keine Sicherheitseinrichtung zum Schutz gegen das Einklemmen bzw. Quetschen. Bei dem Unfall im Oktober 2006 galt jedoch bereits eine andere Herstellungsnorm, die eine solche Schutzvorrichtung vorsah und seit Dezember 2005 in Kraft war.
In diesem speziellen Fall habe die beklagte Bank – so der BGH – die technische Anlage noch nicht entsprechend der neuen Normen nachrüsten müssen, da sie mit einer Verletzung ihrer Kunden nicht rechnen musste. Der BGH führt hierzu aus: „Je größer die Gefahr und je schwerwiegender die im Falle ihrer Verwirklichung drohenden Folgen sind, um so eher wird eine Anpassung an neueste Sicherheitsstandards geboten sein. Soweit es sich um Gefahren handelt, die nicht so schwerwiegend und für den Verkehr im Allgemeinen erkennbar und mit zumutbarer Sorgfalt und Vorsicht beherrschbar sind, kann dem Verkehrssicherungspflichtigen im Einzelfall jedenfalls eine angemessene Übergangsfrist zuzubilligen sein.“ In den vergangenen 10 Jahren sei es zu keinem ähnlichen Vorfall gekommen, die Tür sei zweimal pro Jahr ohne Beanstandung gewartet worden. Der Schließmechanismus müsse durch einen Schalter manuell ausgelöst werden und erfolge mit einer Geschwindigkeit von 15 cm pro Sekunde relativ langsam. Der Schließdruck von 150 N, der normalerweise auf die Schultern der Kunden treffe, könne im Regelfall keine Verletzungen hervorrufen. Der Unfall habe hier aus dem unglücklichen Umstand resultiert, dass sich zwei Finger der rechten Hand der Klägerin in der Glastür eingeklemmt haben. Ein solcher Vorfall sei aber für die Bank nicht vorhersehbar gewesen.